Freitag, 25. September 2015
Citavi und Zettelkasten
Nachdem ich gefragt wurde, welches Literatur- und Ideenmanagement-System ich bevorzuge, habe ich mich entschlossen dazu einen Blog zu posten. Getestet habe ich den Zettelkasten von Daniel Luedecke, Litlink, Citavi und Bibliographix. Eine zeit lang war ich unschlüssig, ob ich langfristig den Zettelkasten oder Citavi nutzen werde und bin hier durchaus gependelt. Citavi bietet eine großartige Literaturverwaltung – die dem Zettelkasten gänzlich fehlt –, dafür bietet der Zettelkasten die Möglichkeiten einer dynamischen Verflechtung von Gedanken und Wissenselementen, während Citavi hier recht statisch ist, abgesehen von den für solche Programme üblichen Möglichkeiten der Verschlagwortung, Kategorisierung und – neu – Gruppierung.

Etwas mühselig war beim Zettelkasten bislang der Latex-Export. Händisch mussten alle Nutzer, die bereits in ihrem Latex-Editor mit einer Dokumentvorlage arbeiteten, aus der vom Zettelkasten erzeugten Datei Präambel und ggf. Umlautkonvertierungen löschen. Ebenfalls war es nötig, die Zitation noch einmal zu ergänzen bzw zu überarbeiten. Manche Nutzer hatten Schwierigkeiten, in Gedankensträngen, die sich über mehrere Zettel erstreckten, den Ursprungszettel zu finden.

Derzeit überarbeitet Daniel Luedecke den Zettelkasten in einer Weise, die diese Schwächen beseitigt. Nutzer können wählen, ob eine Präambel erzeugt werden soll, ob Umlaute konvertiert werden. Dadurch erzeugt der Zettelkasten nicht nur einen Code, der problemlos in die eigene Dokumentenvorlage eingefügt werden kann, er ermöglicht damit auch die direkte Erstellung von Dateien, die mittels include oder input eingebunden werden können. Zusätzlich werden die Zettel nun mit korrekter Zitation und Seitenangabe im Latex erzeugt, so daß hier für den Latex User kein Unterschied zu Citavi mehr besteht. Der Unterschied zwischen dem Zettelkasten und Citavi im Bereich der Wissenselemente ist kurz skizziert. Citavi dient zur Erfassung und Archivierung von direkten Zitaten, indirekten Zitaten, Kommentaren, Zusammenfassungen und eigenen Ideen. Bei Zusammenfassungen und Kommentaren zeigt sich die Schwäche: Pro Wissenselement ist nur eine Referenz vorgesehen. Eine Zusammenfassung eines mehrseitigen Textes, ein klassisches Exzerpt oder das Erfassen eines Gedankens, der sich auf mehrere Referenzen bezieht, ist nicht möglich. Citavi eignet sich genaugenommen also – neben einer umfangreichen Literaturverwaltung – als Wissensspeicher für direkte und indirekte Zitate und vielleicht auch für Zusammenfassungen, die sich auf nur eine Seite beziehen. Die Empfehlung vom Citavi-Team, einen Gedankengang entsprechend zu zerlegen, scheint mir höchst ineffizient zu sein. Man stelle sich vor, ein User würde seine 20 Exzerpte in jeweils 8 Wissenselemente – indirekte und direkte Zitate – zerlegen, das Ergebnis wären 160 Wissenselemente ohne zusammenhängende Argumentationskette. Für solche Ketten, Gegenüberstellen von Argumenten, Zusammenfassungen mehrerer Seiten, Exzerpten und dem Entwickeln von Gedankenketten ist hingegen der Zettelkasten bestens geeignet.

Mein Workflow umfasst daher beide Programme.

1. Beim Lesen eines Buches markiere ich alle Passagen, die für mich im Rahmen einer bestimmten Fragestellung von Bedeutung sind.
2. Danach erfasse ich diese Passagen, teilweise bereits verkürzt mit Auslassungszeichen oder eigenen Anmerkungen in [] in einem Worddokument. Dieses Dokument enthält nach dieser Arbeit alle relevanten Passagen des Buches und wird von mir als PDF gespeichert.
3. In Citavi erfasse ich das Werk, Abstract und ggf. Bewertungen. Die generierte PDF Datei füge ich dem Werk bei, so kann ich in der Vorschau eine Übersicht anzeigen lassen.
4. Als nächstes übertrage ich die die Wissenselemente aus der PDF Datei ins Citavi, ordne und kategorisiere sie. Hier formuliere ich manchmal um. Im PDF kann immer die „originale“ Version angesehen werden.
5. Nun beginnt die Arbeit im Zettelkasten. Erst prüfe ich, welche der Zitate möglicherweise redundant sind, welche sich zusammenfassen lassen. Bei dieser Arbeit reduziert sich der Umfang. Viele Einzelzitate können eine Argumentationskette ergeben. Diese füge ich als Folgezettel hinter einen bereits gespeicherten Gedanken ein.

Dadurch habe ich mehrere Möglichkeiten:
In Citavi kann ich bei einem Buch durch einen Blick auf das gespeicherte PDF sofort alle Zitate sehen.
Bei Bedarf kann ich auf jedes Wissenselement auch noch einzeln zugreifen, da sie in dieser isolierten Form nicht im Zettelkasten zu finden sind.
Im Zettelkasten wächst mit der Zeit eine Argumentationsstruktur.

... link (0 Kommentare)   ... comment